Von der Schwierigkeit, gute Fotos von Tätowierungen zu machen
Sugar-Skull auf lieber Freundin... |
Kein real existierendes Tattoo kann so aussehen, wie es uns die Fotos in Tattoo-Zeitschriften weismachen wollen. Das kann man bei sich selbst, seinen Freunden und am allerbesten auf Tattoo-Conventions beobachten. Kat von D schreibt in ihren Tattoo-Chroniken (an einer Stelle, die ich jetzt, wo es dauf ankäme, natürlich nicht mehr finden kann, also muss der geneigte Leser mir das einfach mal glauben), dass sie sich immer um realistische Fotos von Tätowierungen bemühe, um die Leute nicht an etwas zu gewöhnen, was es de fakto gar nicht gibt. So tätowierte ich einmal eine Dame, die nach Verheilen des Tattoos meinte, die Farben müssten komplett nachgestochen werden, einfach, weil sie dachte, ein Tattoo sähe auch nach dem Verheilen noch so aus wie frisch nach dem Stechen, und weil sie keine anderen Vergleichsmöglichkeiten hatte als die farbenprächtigen, natürlich von Profis mit teuren Kameras geschossenen und vielfach mit Photoshop bearbeiteten Hochglanzfotos in den besagten Zeitschriften.
Indem Kat von D bewusst bei ihren Fotos auf nachträgliche Bearbeitung verzichtet, um zu zeigen, wie ihre Tattoos wirklich aussehen, begibt sie sich auf eine Gratwanderung; denn so ein Foto wird dem Original möglicherweise gar nicht gerecht oder - noch schlimmer - zeigt verwaschene oder ungenaue Stellen, die man live so gar nicht sehen würde, einfach weil vielleicht der Kamerawinkel beim Fotografieren ungünstig war. Nun kann sich Kat aber tolle Fotografen mit teurem Equipment leisten, so dass sie optimale Ergebnisse veröffentlichen kann. Für den Laien wird es da schon schwieriger. Zumal kaum einer über eine wirklich hochwertige Kamera und genügend Wissen über Fotografie verfügt. Inzwischen wird ja immerzu munter drauf losgeschossen, und manchmal ist auch ein schönes Foto dabei, aber nicht immer und schon gar nicht zuverlässig. Fotografie ist ein Lehrberuf und auch eine Kunstform, und nur derjenige, der es wirklich gelernt und dazu noch Talent hat, kommt auch zu künstlerisch wertvollen oder zumindest soliden Ergebnissen. Die gesamte Modebranche lebt ja davon, dass Models fotografisch auf den Punkt genau von Profis in Szene gesetzt werden. Auch ein aufwändig geschminktes und Designerkleid-gewandetes Modell sieht auf einem Foto nicht automatisch gut aus. Man kennt es ja selbst aus eigener Erfahrung, dass man jemanden, den man objektiv live hübsch findet, für die Ewigkeit abbilden möchte, und auf dem Foto sieht derjenige leider unmöglich aus. (Das gibt es auch umgekehrt, ein seltsames Phänomen...).
Man kann bei seiner eigenen Hobby-Fotografie jedenfalls beobachten, dass Personen und auch dreidimensionale Gegenstände auf Fotos rein in der Form immer unterschiedlich aussehen können, aber fast nie so, wie im Original. Es ist teilweise sogar so, gerade bei Handy-Kameras, mit denen man dann Selfies macht, als würde man in einen Zerrspiegel gucken. Ein und dieselbe Person kann auf Fotos sowohl zu dick als auch zu dünn wirken, obwohl sie in der Realität völlig normalgewichtig ist.
Wie kann es zu diesen optischen Verzerrungen kommen? Ein mir bekannter Fotograf beantwortete mir dies netterweise einmal damit, dass hier ein wichtiges optisches Gesetz zum Tragen kommt, das unser Gehirn normalerweise selbstständig korrigiert bzw ausgleicht: "Je näher du vor einem Objekt stehst, desto weniger von den seitlichen Flächen des Objekts kannst du sehen. Das Objekt wirkt größer/dicker. Je weiter du weg stehst, desto mehr seitliche Flächen des Objekts kannst Du sehen, und das Objekt wirkt kleiner/dünner. Kannst du an beliebigen Objekten in allen Größen testen. Einfach Abstand verändern und beobachten, was dein Gehirn (das ja weiß, wie das Objekt aussehen sollte) normalerweise automatisch korrigiert. Übersetzt für die Fotografie heißt das: Je weitwinkliger die Brennweite/Das Kameraobjektiv, desto dicker, je mehr Teleobjektiv, desto schlank. Beim Abfotografieren von zweidimensionalen Objekten macht dies nichts aus, da sieht man den Unterschied höchstens darin, dass die Bildränder eine leichte Kurve machen, was man Objektiv-Verzerrung nennt."
Man kann bei seiner eigenen Hobby-Fotografie jedenfalls beobachten, dass Personen und auch dreidimensionale Gegenstände auf Fotos rein in der Form immer unterschiedlich aussehen können, aber fast nie so, wie im Original. Es ist teilweise sogar so, gerade bei Handy-Kameras, mit denen man dann Selfies macht, als würde man in einen Zerrspiegel gucken. Ein und dieselbe Person kann auf Fotos sowohl zu dick als auch zu dünn wirken, obwohl sie in der Realität völlig normalgewichtig ist.
Wie kann es zu diesen optischen Verzerrungen kommen? Ein mir bekannter Fotograf beantwortete mir dies netterweise einmal damit, dass hier ein wichtiges optisches Gesetz zum Tragen kommt, das unser Gehirn normalerweise selbstständig korrigiert bzw ausgleicht: "Je näher du vor einem Objekt stehst, desto weniger von den seitlichen Flächen des Objekts kannst du sehen. Das Objekt wirkt größer/dicker. Je weiter du weg stehst, desto mehr seitliche Flächen des Objekts kannst Du sehen, und das Objekt wirkt kleiner/dünner. Kannst du an beliebigen Objekten in allen Größen testen. Einfach Abstand verändern und beobachten, was dein Gehirn (das ja weiß, wie das Objekt aussehen sollte) normalerweise automatisch korrigiert. Übersetzt für die Fotografie heißt das: Je weitwinkliger die Brennweite/Das Kameraobjektiv, desto dicker, je mehr Teleobjektiv, desto schlank. Beim Abfotografieren von zweidimensionalen Objekten macht dies nichts aus, da sieht man den Unterschied höchstens darin, dass die Bildränder eine leichte Kurve machen, was man Objektiv-Verzerrung nennt."
Überträgt man die Schwierigkeiten, Personen zu fotografieren auf die, Tattoos zu fotografieren, steht man vor einem ähnlichen Problem, denn kein Tattoo befindet sich auf einer planen Leinwand, sondern auf einem dreidimensionalen Körperteil, was auch oft zur Folge hat, dass man ein Tattoo in seiner Gesamtheit gar nicht ablichten kann, weil es zum Beispiel bei sleeves oder sehr großen Tattoos um "die Ecke" noch weiter geht. Hinzu kommt, dass der Laie quasi nie mit der richtigen Beleuchtung fotografiert, was nicht nur zu Veränderungen in der tatsächlichen Farbigkeit, sondern der gesamten Qualität führt. Man muss einfach gut ausleuchten, wissen, woher das Licht kommen soll, es mit weißen Flächen verstärken, die richtigen Blenden und Objektive nehmen und den richtigen Bildausschnitt und - auch sehr wichtig: Hintergrund wählen. Selbst dann kann man 150 Fotos schießen, und nur eines kommt der Realität nahe, das sieht man ja an den Mode-Shootings auch.
In der Landschaftsfotografie gibt es diese Probleme übrigens auch, obwohl es für den Laien oft einfacher ist, Panoramen zu fotografieren, was an den Weitwinkelobjektiven der meisten gängigen Kameras liegt. Ein Horizont ist zudem als Landschaft an sich zwar belebt, aber als Bild eher unbeweglich, nicht wie eine Person oder ein Tier. Doch das Gehirn nimmt die Realität ganz anders wahr als es ein Foto jemals abbilden könnte, so dass manchmal ein Gemälde eine Landschaft viel besser darstellen kann als es ein Foto könnte, selbst ein abstraktes Gemälde.
Ein Gemälde bildet eine Landschaft ganz und gar anders ab als eine Fotografie, besonders, wenn es sich um ein expressionistisches oder gar abstraktes Bild handelt; es reduziert die Wirklichkeit durch die Abstraktion und verdichtet sie zugleich auf den Punkt genau. Es ist subjektiv durch die Wahrnehmung und Ausdrucksweise des Künstlers gestaltet und farblich oft sehr eindringlich. Eine Fotografie wird – im Gegensatz zu einer abstrakten künstlerischen Arbeit - nie wirklich angezweifelt, man sieht darauf, was vor Ort aufgenommen wurde und liefert daher ein authentisches Abbild. Und doch ist das Foto oft gerade was Authentizität angeht enttäuschend, fehlt doch das Flair des Erlebten, das enthusiastische Gefühl, das beim Betrachten der jeweiligen Landschaft wahrgenommen wurde. Nicht nur eine Fotografie oder ein naturalistisches Gemälde, auch die Abstraktion von Landschaften in der bildenden Kunst ist für jeden Menschen sofort begreifbar, denn wir alle leben in einer Welt aus Landschaften, die uns umgeben. Das Gehirn nimmt Farben und Formen auf und konstruiert daraus das ihm Bekannte oder nahe Liegende. Farben und Formen erhalten erst durch die Benennung eine reale Bedeutung, und das ist im Abstrakten Expressionismus auch so gewollt, im Gegensatz zur reinen Abstraktion, in der es eher um die Komposition der Farben und Formen geht. Durch die reduzierte, teilweise geradezu grobe Darstellung der Formen und die Farbigkeit, vermag die abstrakte Landschaft mit Wucht Emotionen zu vermitteln, wie es ein Foto niemals könnte. Es setzt nicht einfach etwas vor, sondern fordert den Betrachter. Da das Unbewusste nur über Bilder korrespondiert, gelangen immer auch die Gefühle und Erfahrungen des Betrachters mit in den Gesamteindruck. Stimmungen, die in einem Gemälde vermittelt werden, können überall auf der Welt vorkommen und sind uns allen bekannt. Und hierin liegt auch der Reiz der Kunst; sie fordert und fördert die Wahrnehmung, auch der eigenen inneren, sie gibt den Gefühlen Recht und erhebt sich über nüchterne Tatsachen.
Insofern besteht auch schon ein Unterschied zwischen der Original-Kunst = Tattoo und dem Ablichten solcher. Ein Nachdruck kommt auch nie an ein original Gemälde heran.
Bin ich zum Punkt gekommen? Ich glaube, nicht wirklich und keinesfalls umfassend. Und außerdem bin ich selbst trotz aller Anstrengungen und moderner Gerätschaften nicht in der Lage, gute Fotos von meinen Tattoos zu machen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Fotografieren wie alles andere auch gelernt sein will, und je mehr Kenntnisse über Technik und optische Gesetze, Übung und gutes Handwerkszeug man besitzt, desto besser werden die Ergebnisse.
(c) text & fotos KBOTHA 2015
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