Freitag, 2. Januar 2015

Über die Seele eines Bildes

Zwei Häuser am Meer,
 Öl auf Leinwand, 30 x 40 cm, KBotha 2014
>>Fasziniert beobachtete Sarina, wie unter seiner Hand mit wenigen, scheinbar hingeworfenen Strichen eine Zeichnung entstand. 
"Es kommt mir vor wie ein Wunder", flüsterte sie. "Aus dem Nichts erwächst ein Bildnis so täuschend echt!"
"Und doch ist es keine Kunst. Es ist Handwerk. Ein jeder kann es erlernen, wenn er nur ein klein wenig Begabung zum Zeichnen mitbringt und fleißig übt. Was dem Bild fehlt, ist die Seele."
"Aber ein Bild ist doch nicht lebendig, wie kann es da eine Seele haben?"
Meister Zacharias nickte. "Du hast recht. Es ist nicht das Bild selbst, das die Seele hat. Es ist vielmehr der Betrachter, der sie erspürt, so der Künstler es vermag, ihn tief genug blicken zu lassen."<<

In ihrem Roman "Der Maler und das Mädchen" beschreibt Angeline Bauer sehr treffend das, was man meint, wenn man von der Seele eines Bildes spricht. Es geht wohlgemerkt nicht um Ausdrucksmalerei und sogenannte "Seelenbilder", die Kunsttherapeuten ihre Klienten malen lassen, sondern darum, dass ein Bild den Betrachter in der Seele berührt und/oder dass ein Künstler durch Können, manchmal auch durch Zufall oder gar Glück ein Werk geschaffen hat, in welches sein Selbst, seine Seele verwoben ist, und das nun quasi ein Eigenleben entwickelt hat (und von nun an führt). Es ist autonom geworden, es hat so viel emotionales Potential, dass es zu leben scheint. Oft sind es Landschaftsbilder, die im Betrachter einen sehnsuchtsvollen Prozess in Gang setzen können, Erinnerungen werden plötzlich lebendig, oder man fängt an, über neue Ziele nachzudenken. Insbesondere die naive Malerei vermag dies oft. So möchte ich an dieser Stelle auf die Arbeiten von Valériane Leblond hinweisen, der es scheinbar gelingt, jeden Pinselstrich so liebevoll auszuführen, dass der Betrachter ihr Wesen (das der Künstlerin und der von ihr geschöpften Welt) fühlt. Aber natürlich können Bilder aller Stilrichtungen anrühren und etwas auslösen.
Kurzum: Ein Bild besitzt eine Seele, wenn es den Betrachter berührt, ihm das Herz erwärmt oder ihn tröstet. Das kann nicht nur an den dargestellten Inhalten, den Farben oder Formen liegen, sondern auch daran, dass es dem Künstler gelungen ist, dem Bild seine eigene Seele einzuhauchen.
Text & Foto: KBotha

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