Donnerstag, 8. Dezember 2011

KUNST - oder kindliche Kleckserei?

KRISTINA BOTHA über unwissende Betrachter und deren Kommentare

Wohl jeder Künstler hat sie schon zu hören gekriegt: die dumm-dreisten Kommentare von selbst ernannten Kunstexperten, die doch von Kunst keine Ahnung haben. Ein oft gebrauchter Vorwurf ist, moderne Malerei sehe aus wie die Schmiererei eines Kindes - was im Übrigen auch als Kompliment zu würdigen wäre, wenn man nicht genau wüsste, das es nicht so gemeint ist. "Das kann ich auch", denkt sich so mancher und würdigt die Ausbildung und den Lebenszweck eines Künstlers damit hemmungslos herab. Wer meint, er müsse etwas Kluges sagen, sollte auch klug sein, etwas von der Materie verstehen und nicht behaupten, jeder Depp wäre in der Lage ohne Können gute Kunst zu schaffen! Andernfalls wäre Schweigen eine Alternative.
Aus der Unwissenheit hinaus ins Licht:
>>In the Middle of Nowhere, you will find Everything<<
Mischtechnik, KBOTHA 2011


Kunst hat sehr wohl mit Können zu tun und ist nicht nur Geschmackssache! OBACHT! Jeder, der einen geschulten Blick auf Kunst, wir reden ja in diesem Fall von Malerei, hat, erkennt an einem Exponat sofort, ob der Künstler was "kann", nämlich schon allein an der Technik. Ein Hobbymaler oder Laie wird niemals die malerischen Techniken draufhaben wie ein "gelernter" (ob studierter oder durch Schülerschaft geprägter) Maler. Und das sieht man. Man sieht es an der Komposition, am Ausdruck, am Auftrag der Farben, an dem Umgang mit grafischen Elementen, an der Pinselführung. Da scheidet sich dann die Spreu vom Weizen. Eine andere Sache ist, ob mir persönlich eine Arbeit gefällt, was Inhalt, Thema oder Farbgebung angeht. Das hat aber nichts damit zu tun, ob der Maler begabt ist oder nicht. Ein "künstlerisch wertvolles" Bild kann durchaus häßlich erscheinen. Es ist nicht Aufgabe der Kunst, dekorativ zu sein.

Man muss sich nicht nur mit dem Handwerk und der Technik der Malerei auseinandersetzen, zumindest theoretisch, sondern vor allem mit der Kunstgeschichte, gerade mit den Strömungen der jüngsten Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, um ungegenständliche Malerei zu verstehen. Die Leute haben sie immer noch nicht begriffen, auch wenn wir mitten in Europa doch alle angeblich so kultiviert und gebildet sind. Die Dummen sterben jedoch nie aus, und es ist auch ihr gutes Recht, dumm zu bleiben, wenn ihnen nichts anderes möglich ist.
Ein guter, ein "wahrer" Künstler unterscheidet sich vom Laien in seinen Ideen, seinem Antrieb, seinem ganzen Drang, sich künstlerisch auszudrücken, und zwar möglichst täglich und kontinuierlich über Jahre, in denen die Arbeit zum Selbstzweck wird, und auch dem Drang, sich auch auf einem schon hohen Niveau immer weiter Können raufzuschaffen und eben nicht nur zu klecksen. Wenn jemand das nicht sehen kann, entlarvt er sich selbst als Unwissender in diesem Bereich. Was nichts Schlimmes ist. Vielleicht kann er dafür was anderes gut. Ich finde nur, man sollte in Fällen, in denen man keine Ahnung hat, lieber den Mund halten. Alles andere ist dumm und Selbstüberschätzung und peinlich. In jedem anderen Beruf wäre das ein Unding. Man erklärt auch dem Arzt, Anwalt oder Astronauten nicht seinen Beruf, wenn man Laie ist.

Gute Malerei hat heute nichts mehr mit der naturgetreuen Abbildung der Realität zu tun! Dafür gibt es Fotos. Und trotzdem haben die besten Maler vor ihrem Weg in die Abstraktion das Zeichnen nach der Natur gelernt, weil es nun einmal zur Ausbildung gehört. Sich zu reduzieren auf die ESSENZ von Farbe als DEM Werkzeug des Malers, und schließlich auch der Form, die die Farbe ordnet - oder eben nicht - ist eine Kunst.

Oder wie ein Comic es schön vermittelte: Ein Museumsbesucher steht vor einem abstrakten Gemälde und denkt: "Das kann ich auch!" und das Bild antwortet: "Kannst du nicht!" Ich rate jedem, der meint, er könne abstrakte Kunst am Fließband und in zwei Minuten produzieren, es selbst einmal zu versuchen. Dann wird er nämlich schnell merken, wie enttäuschend das Ergebnis ohne Hintergrundwissen und Erfahrung sein wird. Es wird nichtssagend oder gar peinlich sein wie ein schlechtes Gedicht. Ich selbst habe länger darum gekämpft, abstrakte Kompositionen hinzubekommen als herkömmliche Porträts oder Landschaften. Die Realität abzubilden, ist gar nichts! Das kann man üben. Aber solcherlei Fleißarbeiten passen nicht in die aktuelle Kunst. Denn die entwickelt sich wie alles im Leben weiter. Und es geht nicht zuletzt auch um den Ausdruck des inneren Sehens und Fühlens, ob die Arbeiten eine Seele haben, die beim Rezipienten eine Saite zum Klingen bringt. Darum ist gute Kunst auch kein Massenartikel, der immer gleich aussieht, wie die Fertigdrucke (es geht nichts über das Original, und jedes Original ist einzigartig), die es bei Karstadt oder im Baumarkt zu kaufen gibt. Jeder Mensch und jeder Künstler ist anders, und so ist auch der Selbstausdruck eines jeden Künstlers unterschiedlich, der sich in seinem eigenen Stil im Allgemeinen und in seinen Arbeiten im Speziellen widerspiegelt.

>>Zwei Blumen<<, Mischtechnik auf Pappe, KBOTHA 2011